Autor: Markus Frutig | Geschäftsführer Inoveris 

«Ich bin stolz auf die Innovationskraft unserer Branche»

Am 30. – 31. März 2022 findet in der BERNEXPO wieder der nationale Branchentreffpunkte EMPACK 2022 statt. Diverse Aussteller aus dem Bereich Verpackung präsentieren vor Ort Ihre aktuellen Innovationen und die neusten Lösungen für die Herausforderungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Das Leitthema der EMPACK 2022 ist «The Future of Packaging». Im SVI-Roundtable Gespräch zum Thema nahm Andreas Zopfi, Geschäftsführer des SVI (Schweizerisches Verpackungsinstitut) Stellung zu drei Themenbereichen, welche auf die Schweizer Verpackungsbranche fokussieren.

  1. Thema «Nachhaltigkeit & Kreislaufwirtschaft»

Das Dauerthema in der Europäischen Union ist die sogenannte «Circular Economy» (Kreislaufwirtschaft). Auch Verpackungen müssen diesen Anspruch erfüllen, aber er passt nicht immer mit den Anforderungen zusammen, die beispielsweise im Hinblick auf Lebensmittelsicherheit und Produktschutz gestellt werden.

Herr Zopfi, halten Sie die aktuellen Vorschriften für zu einengend, und machen sie in Ihren Augen ökologisch Sinn?

Andreas Zopfi: Die Verpackung war und ist eigentlich immer der Teil, der seit Jahrzehnten kontrovers diskutiert wird. Es braucht Regulative, die aber da enden sollten, wo die Kreisläufe nicht geschlossen sind oder keine Lösungen vorhanden sind. Bezüglich des Verpackungsmülls wurde schon einiges verbessert, aber die Politik rennt letztlich immer hinterher – mit viel gutem Willen. Es zeigt sich jedoch, die Verpackungswirtschaft findet oft die besseren und ökologischeren Lösungen, als wenn der Gesetzgeber vorprescht.

Was ist besser: eine längere Haltbarkeit, um «Foodwaste» entgegenzuwirken, oder der Verzicht auf eine wirkungsvollere Barriere zugunsten der Recyclingfähigkeit?

Wie soll zukünftig recycelt werden? Denn nicht jedes Unternehmen kann selbstständig recyceln. Das ist ja, ein eigenes Gewerk und ein sehr komplexes Thema.

In der Schweiz wird der Haushaltsmüll und somit viele nicht kreislauffähige Verpackungen thermisch verwertet über KVA (Kehrichtverbrennungsanlagen). Die Verbrennungsanlagen funktionieren mit viel Energie. Im Kunststoff ist anteilig der Rohstoff Erdöl. Fehlt der Verpackungskunststoffanteil muss man direkt Erdöl in den KVA verwenden. Dieser Prozess ist noch nicht fertiggedacht, und es wird noch Jahrzehnte dauern, bis ein anderes System entsteht. Kunststoff wegzuwerfen ist daher nicht so schlimm in der Schweiz. Dies im Gegensatz zu Schwellen- und Entwicklungsländern. Einfach in der Schweiz auf Kunststoff zu verzichten, wäre unmöglich in der Verpackungsindustrie – und ob das sinnvoll ist, wenn man den KVA diesen Rohstoff wegnimmt, stelle ich durchaus infrage.

Liegt die Lösung der Nachhaltigkeit in der Verpackung oder eher in der richtigen Entsorgung bzw. Wiederverwendung?

Wie funktioniert das in der Schweiz? Man nimmt eine Mehrwegverpackung mit und isst zu Hause, wäscht die Verpackung aus und bringt sie dann zurück. Und der, der die Verpackung ausgehändigt hat, muss laut Gesetzgeber die Packung nochmals reinigen. Und das ist im Grunde ein Waschgang zu viel, der einen grossen Einfluss auf die Ökobilanz hat. Hier muss man schnell umdenken.

  1. Thema «Alternative zum gewohnten Rohstoff»

Für Umwelt-Experten gehört Plastikmüll längst zu den grössten ökologischen Problemen unserer Zeit. Dabei gibt es für viele Plastikprodukte längst geeignete Alternativen, mit denen jeder Einzelne einen Beitrag gegen das Wegwerfplastik leisten und seinen CO2-Fussabdruck bedeutend verringern kann.

Gibt es Ihrer Meinung nach, vernünftige Alternativen zum gewohnten Kunststoff, oder ist dies eine Utopie bzw. Wunschdenken?

Die Trends bei den Verpackungen sind leider immer noch sehr stark vom Marketing getrieben. Die Konsumenten kennen oft die tollen Funktionen von Verpackungen nicht und das Marketing baut darauf mit «green washing» auf. Nachwachsbar und kompostierbar ist in aller Munde! An echtes Recycling wird da oft nicht gedacht, der Kreislaufgedanke ist noch nicht fest integriert. Das ist für die Branche nicht gut. Aber manche Forderungen an Verpackungen können per Dato auch gar nicht umgesetzt werden. Die Schutzfunktionen vom Anforderungsprofil oder vom Material her. Ich sehe zurzeit keine echten und brauchbaren Alternativen.

3. Thema «Zukunft Verpackungsmarkt Schweiz»

Verpackungen dürfen nichts kosten, heisst es. Nun ist die Schweiz ein verhältnismässig teures Land und hat es schwer, preislich mit anderen, deutlich kostengünstigeren Ländern mitzuhalten.

Wieso gibt es die schweizerische Verpackungswirtschaft noch, womit können wir punkten, bzw. was macht unseren Wettbewerbsvorteil aus?

Welche Themen bieten Sie als Verband im Bereich Aus- und Weiterbildungen an?

Gut ausgebildete Verpackungsspezialisten sind rar. Das sind rosige Berufsaussichten für talentierten Nachwuchs. Wo muss man Ihrer Meinung nach ansetzen, um wieder mehr junge Menschen in der Schweiz für Verpackungsberufe zu begeistern?

Fertigungsberufe sind meist in der ersten Wahrnehmung nicht so sexy. Wenn es in der Verpackungswirtschaft um Design oder Grafik geht, weckt das mehr Interesse. Aber die Fertigung selbst hat leider keine grosse Ausstrahlungskraft, auch wenn es den neu gestalteten Ausbildungsberuf des Verpackungstechnologen in der Schweiz gibt. Die Verpackung ist eine Querschnittsbranche und hat sehr viele Quereinsteiger. Nächstes Jahr werden wir auch im akademischen Bereich Weiterbildungen machen. Da erhoffe ich mir, noch mehr gut Ausgebildete ins Boot holen zu können und denen zu zeigen, wie schön Verpackung ist.

Was ist das Spezielle an der Innovationskraft der Schweizer Wirtschaft?

Die im europäischen Verhältnis hohe Anzahl der Einreichungen beim Swiss Packaging Award zeigen es! Vielleicht hat es mit dem hohen Preisdruck zu tun, den wir in der Schweiz haben, wo wir uns immer überlegen: Wie können wir besser werden? Wie können wir etwas verändern? Und der Wille zur Veränderung ist in der Schweiz ausserordentlich hoch. Ohne dass der Gesetzgeber mit dem Messer hinterm Rücken steht, bewegt sich die Industrie, wie sie in den vergangenen Jahren oft bewiesen hat. Und das gilt für die ganze Branche. Auch die Kreislaufwirtschaft in der Verpackungswirtschaft ist schon verdammt weit. Aber es gibt Bereiche, die hinken noch massiv hinterher. Ich bin stolz auf die Innovationskraft unserer Branche!

Wie zeigen Sie jungen Menschen an der EMPACK im März 2022, wie sexy Verpackung sein kann?

Mit den richtigen Erklärungen zu den Funktionen und Aspekten der Verpackung kann man einem breiten Publikum zeigen, wie sexy Verpackung ist – und die Innovationskraft unserer Branche hervorheben. Das ist an jeder EMPACK toll!

Das Leitthema der EMPACK 2022 in Bern ist «The Future of Packaging».
Was ist Ihr Fazit?

Das Thema «The Future of Packaging» betrifft uns alle! An der Messe einfach vor Ort zu sein und zu staunen und schauen: Wo geht die Reise hin? Es braucht den Gesetzgeber, es braucht gute Lösungen. Es braucht Unternehmer, die weiterdenken. Es braucht auch einen Verband. Und alle treffen sich an der EMPACK. Darum sind wir auch dort und ich hoffe auch viele Interessierte!

Besten Dank für das Gespräch.

in Kooperation mit SVI und INOVERIS

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Jürgen Wirtz

Chefredakteur Schaltschrankbau

in Kooperation mit unserem Premium Medienpartner Schaltschrankbau

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